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DFG Forschergruppe FOR 1497
Forschungsprinzip

Zwillingspolymerisation

Die Zwillingspolymerisation ist vom Prinzip her einfach: eine speziell konstruierte Verbindung, das Zwillingsmonomer, reagiert in nur einem Arbeitsschritt zu zwei unterschiedlichen Homopolymeren (aus "Eins" mach "Zwei"). Diese Reaktion stellt in gewisser Hinsicht das Gegenstück zur Copolymerisation dar (aus "Zwei" mach "Eins"):

 
 

Bei näherer Betrachtung sind Zwillingspolymerisationen jedoch komplexe Prozesse. Im Zwillingsmonomer sind die polymerisationsfühigen Bausteine kovalent miteinander verknüpft, so dass in einem Arbeitsschritt zwei (perspektivisch auch mehr) verschiedene Polymere mechanistisch, zeitlich und räumlich gekoppelt entstehen. Das gleichzeitige Wachsen mehrerer Polymerketten erfolgt in einem begrenzten Reaktionsvolumen. Dies hat theoretisch zur Folge, dass die Polymerstränge unmittelbar nach ihrer Entstehung auf molekularer Längenskala nebeneinander platziert sind. Wenn die Diffusionsgeschwindigkeit der gebildeten, unterschiedlichen Ketten langsamer als ihre Bildungsgeschwindigkeit ist, entstehen in einem definierten Zeitfenster nanostrukturierte Hybridmaterialien. Direkt nach der Bildung der beiden Polymere kann die Nanostruktur sowohl über chemische als auch physikalische Prozesse fixiert werden. Unsere bisherigen Arbeiten auf dem Gebiet der Zwillingspolymerisation zeigen, dass es möglich ist anorganisch/organische Nanokomposite aus definierten Silicium-, Bor- oder Titan-haltigen Zwillingsmonomeren herzustellen, wobei als organische Komponente zum Beispiel Furfurylalkohol oder Salicylalkohle möglich sind.

In Ergänzung zu den bekannten Polymerisationsprinzipien (Homopolymerisation, Copolymerisation und Simultanpolymerisation) streben wir an, die Zwillingspolymerisation als neuen Polymerisationstyp in die Makromolekulare Chemie und Materialwissenschaft einzuführen.

Aus dem Zwillingsmonomer 2,2\'-Spirobi[benzo-4H-1,3,2-dioxasilin] werden in der Schmelze bei 90 °C auf diese Weise transparente Phenolharz/SiO2-Nanokomposite hergestellt. Durch die simultane Polymerisation verschiedener Zwillingsmonomere, wie z.B. mit 2,2-Dimethyl-4H-1,3,2-benzodioxasilin, können die mechanischen Eigenschaften sowie die Domänengröße der Nanokomposite auch gezielt eingestellt werden.]

 
   



oben links: ORTEP-Darstellung des Spiro-Monomers.[5] - © [2009] Wiley - VCH
oben rechts: transparente Nanokomposite durch simultane Zwillingspolymerisation.[6]
unten: Energiegefilterte transmissionselektronenmikroskopische Aufnahmen eines Nanokomposits hergestellt mittels simultaner Zwillingspolymerisation. Helle Bereiche in der Abbildung entsprechen dem jeweiligen Element.[7] - © [2012] Wiley - VCH

 

Ausgewählte Literatur zu diesem Thema:

 
[1] Zwillingspolymerisation: ein Weg zur Synthese von Nanokompositen.
S. Grund, P. Kempe, G. Baumann, A. Seifert, S. Spange, Angew. Chem. 2007, 119, 636–640.
DOI: 10.1002/ange.200504327
[2] Synthesis of nanosized TiO2 by cationic polymerization of (μ4-oxido)-hexakis(μ-furfuryloxo)-octakis(furfuryloxo)tetra-titanium.
A. Mehner, T. Rüffer, H. Lang, A. Pohlers, W. Hoyer, S. Spange, Adv. Mat. 2008, 20, 4113–4117.
DOI: 10.1002/adma.200801376
[3] Nanoskaliges Wolframtrioxid durch In-situ-Zwillingspolymerisation.
F. Böttger-Hiller, R. Lungwitz, A. Seifert, M. Hietschold, M. Schlesinger, M. Mehring, S. Spange, Angew. Chem. 2009, 121, 9039–9043.
DOI: 10.1002/ange.200903636
[4] Nanostructured Organic Inorganic Composites by Twin-Polymerisation of Hybrid-Monomers.
S. Spange, S. Grund, Adv. Mat. 2009, 21, 2111–2116.
DOI: 10.1002/adma.200802797
[5] Nanokomposite mit 0.5 bis 3 nm großen Strukturdomänen durch Polymerisation von Silicium-Spiroverbindungen.
S. Spange, P. Kempe, A. Seifert, A. A. Auer, P. Ecorchard, H. Lang, M. Falke, A. Pohlers, M. Hietschold, W. Hoyer, G. Cox, E. Kockrick, S. Kaskel, Angew. Chem. 2009, 121, 8403–8408.
DOI: 10.1002/ange.200901113
[6] Simultaneous Twin Polymerization - Controlling the Nanostructure Formation of Hybrid Materials
T. Löschner, A. Seifert, R. Lungwitz, G. Cox, A. Lange, H.J. Hähnle, S. Spange Macromol. Rapid Commun. 2011, 32, F60–F61.
[7] Ein modularer Ansatz zur gezielten Herstellung nanostrukturierter Hybridmaterialien: Die Simultane Zwillingspolymerisation.
T. Löschner, A. Mehner, S. Grund, A. Seifert, A. Pohlers, A. Lange, G. Cox, H.-J. Hähnle, S. Spange, Angew. Chem., 2012, 124(13), 3312–3315.
DOI:10.1002/ange.201108011